Shirley
Jackson: We Have Always Lived in the Castle [Wir haben schon immer im Schloß gelebt] In: Shirley Jackson: Novels and Stories. New York: The Library of America, 2010. Joyce Carol Oates, Hg. S. 419–559. – ![]() ![]() |
Auf einem Landschloß unweit eines Dorfes lebt ein
merkwürdiges Trio: die Erzählerin Mary Katherine Blackwood, genannt
Merricat, achtzehn Jahre, ihre ältere Schwester Constance und der
pflegebedürftige Onkel Julian. Halt, es gibt noch ein viertes
Lebewesen: Jonas, die Katze. Nur Merricat hat ritualisierte Kontakte zur Dorfbevölkerung. Das Trio hat Bargeld und Merricat geht zweimal die Woche ins Dorf zum Einkaufen. Von der Dorfbevölkerung wird Merricat geschnitten, man meidet sie und ihre Schwester, da vor sechs Jahren vier Personen (Eltern, jüngerer Bruder und die Tante) vergiftet wurden. Es gab Brombeeren zum Nachtisch, besprenkelt mit Zucker; in der Zuckerbüchse fand man später Arsen. Constance und Merricat entgingen dem tödlichen Mahl durch glückliche Zustände, Onkel Julian überlebte, geistig dement und an den Rollstuhl gefesselt. Constance wurde angeklagt aber mangels Beweisen freigesprochen. Freilich meiden auch die Bewohner des Schlosses seit Jahren die Dorfbewohner. Merricat befindet: „The people of the village have always hated us“ (S. 424). Die Dorfkinder tratzen Merricat bei ihren Besuchen im Dorf mit diesem Kinderreim: „Merricat, said
Connie, would you like a cup of tea?
Der Reim passt zu Merricat, denn trotz ihrer 18 Jahre erscheint sie
noch recht kindlich, abergläubisch und ihrer älteren Schwester
Constance voll ergeben. Daher gefällt es ihr nicht, als sich eines
Tages Cousin Charles im Schloss einnistet. Er hat es auf das sagenhafte
Erbe der Blackwoods abgesehen und zerstört die schauerliche Idylle
derjenigen, die schon immer auf dem Schloss gewohnt haben. Merricat
hält Charles für einen dämonischen Geist, di Verkörperung des Bösen:
„You are evil [...] You are a ghost and a demon“ (S. 506). Jackson
verwendet viele Namen in ihren Stories und Romanen mehrfach für
ähnliche Charaktere, so besonders gerne Jim Harris (hier: Jim Clarke).
Charles ist der grosse Unbekannte, von dem es nicht mal sicher ist,
dass es ihn gibt, siehe Jacksons Kurzgeschichte „Charles“.Oh no, said Merricat, you’ll poison me. Merricat, said Connie, would you like to go to sleep? Down in the boneyard ten feet deep!“ (S. 435) Sie denkt so über ihre Cousin Charles: „I wanted to beat him until he went away, I wanted to stamp on him after he was dead, nd see him lying dead on the grass“ (S. 495). „I could turn him into a fly and drop him into a spider’s web and watch him tangled and helpless and struggling; shut into the body of a dying buzzing fly; I could wish him dead until he died. I could fasten him to a tree and keep him there until he grew into the trunk and bark grew over his mouth. I could bury him in the hole where my box of silver dollars had been so safe untilhe came; if he was under the ground I could walk over him stamping my feet“ (S. 503-504). Merricat zeigt ihre Abneigung gegenüber Charles deutlich, bis diese schließlich in eine Tragödie mündet. Am Ende ist für Merricat alles gut: „Oh, Constance, [...] we are so happy“ (S. 559). In diesem Zustand (also nach der Katastrophe am Ende des Romans) beginnt es, da Merricat bekennt: „I like my sister Constance, and Richard Plantagenet, and Amanita phalloides, the death cap mushroom. Everyone else in my family is dead.” (S. 421). Damit führt Jackson die Leser etwas aufs Glatteis, denn immerhin treten noch Onkel Julian und Cousin Charles auf. Es fragt sich, wie lebendig diese beiden sind. |
Richard
Plantagenet in der oben zitierten Eingangssequenz ist vermutlich
Richard Plantagenet, 3. Duke of York (1411 –1460; ![]() |
Mich erinnerte manches an die TV Serie „The Addams
Family“. Die Addams Family tauchte erstmals 1938 als Cartoon
im The New Yorker auf. Die Fernsehserie lief von 1964 bis 1966 (![]() |
Oberflächlich
gelesen ist We Have
Always Lived in the Castle nicht so spannend, angst- oder
furchteinflössend, wie manche enthusiastische Besprechungen es vermuten
lassen. Für mich bekam der Text seine Kribbeln aus der ungewissen
Situation, in der Shirley Jackson die Leser führt: eine unzuverlässige
Erzählerin mit kindlichem und fixiertem Gemüt; offene Täterschaft des
sechs Jahre zurückliegenden Vergiftungmordes; was ist wirklich, was
Spuk? Die Erzählerin läßt dazu vieles offen und gibt Hinweise für die kühnsten Annahmen, so hier: „I thought that we had somehow not found our way back correctly through the night, that we somehow lost ourselves and come back through the wrong gap in time, or the wrong door, or the wrong fairy tale“ (S. 527-528). |
Vergleichsliteratur |
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Ian McEwan: The Cement Garden |
Links |
We Have Always Lived in the Castle: ![]() ![]() |
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Literatur |
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Carpenter, Lynette (1984): "The Establishment and Preservation of Female Power in Shirley Jackson's »We Have Always Lived in the Castle«". Frontiers: A Journal of Women Studies 8:1, S. 32-38. |
Wallace, Honor McKitrick (2003): "»The Hero Is Married and Ascends the Throne«: The Economics of Narrative End in Shirles Jackson's »We have Always Lived in the Castle«". Tulsa Studies in Women's Literature 22:1, S. 173-191. |
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Shirley
Jackson: We Have Always Lived in the Castle.
London: Penguin, 2009. Taschenbuch, 176 Seiten ![]() |
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Shirley
Jackson: Novels and
Stories.
New York: Library of America, 2010. Gebunden, 827 Seiten. Joyce Carol
Oates, Hg. ![]() |
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