Herbert
Rosendorfer: Das Messingherz oder Die kurzen Beine der
Wahrheit München: Dtv, 2001. Broschiert, 580 Seiten – ![]() ![]() ![]() |
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Vorab: Das
Messingherz (mein – shame and scandal – erstes Rosendorfer
Buch) hat mir ausgezeichnet gefallen. Albin Kessel ist zum drittenmal verheiratet mit Renate. Seine Frauen und Geliebten wählt er danach aus, wie sie mit seiner heimlichen Jugendliebe Julia übereinstimmen. Er lebt gleichzeitig in verschiedenen Kreisen:
![]() Dann wird er für den Bundesnachrichtendienst angeheuert und übernimmt eine Außenstelle in Berlin. Der Andenkenladen in Berlin als geschäftliche Tarnung erweist sich als Bombengeschäft. Albin Kessel ist intelligent genug um die Luftblasen des Geheimdienstes zu durchschauen ( ![]() Herbert Rosendorfer kann wirklich gut und einfallsreich erzählen. Die zahlreichen eingestreuten soziologischen, philosophischen oder kulturellen Bemerkungen sind oft geistreich und doch nicht beckmesserisch (zu Wagner und Bayreuth: "Woher kommt es, daß eine Musik, die von ihrem Komponisten als Revolution verstanden wurde, einen derart konservativen Effekt macht?", S. 178). Die vielen Zwischenszenen sind klug ausgedacht und stets erheiternd (z.B. Einführung des Geheimdienstlers Dr. Wacholder S. 187 ff), manchmal zu ausgebreitet (z.B. Aufkauf des Altpapiers des BND durch den ominösen Mann mit grünem Hut, S. 467-482). Manche Einlagen steigern sich zu köstlichen Einaktern, so die Beseitigung des geheimen Abfalls, worunter gar das Klopapier zählt (S. 439-441). Es gipfelt in der Erkenntnis:
Entgegen den Beteuerungen des Autors auf der letzten Seite (wohl das Schicksals Maxim Billers und seines Roman Esra antizipierend; ![]() Hervorragender Roman |
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Das
Messingherz ist eine Groteske auf die überflüssigen
Geheimdienste und die Behörden. Der zweite Teil des Titels "Die kurzen
Beine der Wahrheit" weist direkt auf die Geheimdienste (und auf die
privaten Verhältnisse im Roman), die – man weiß es als Leser seit Graham Greene: Unser
Mann in Havanna – lügen, das sich die Balken biegen (![]() ![]() Gegenüber der Erzählzeit 1976/77 hat sich die Situation dramatisch verschlechtert. Die deutschen Geheimdienste hören Telefonate mit, lesen die Emails, filmen in privaten Wohnungen ( ![]() Deshalb erinnert mich – bei allem Vorbehalt der Autorenintention – Das Messingherz stark eine der besten Grotesken des 20. Jahrhunderts, an ![]() |
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Als Bürger
Wasserburgs (![]() |
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Hier irrt
Rosendorfer Das Messingherz ist voll gepackt mit offensichtlich gut ausgetüftelten Einzelheiten; wo Namen erwähnt werden stecken oft wirkliche Personen dahinter (Details dazu siehe unter ![]() ![]() Am 31.1.1977 fliegt Albin zur Eröffnung der BND Stelle nach Berlin (S. 355). 1978 wird seine Dienststelle aufgelöst. Die Abfallentsorgung war raffiniert, aber vorschriftswidrig (S. 521). Dann will Albin das übriggebliebene Geld nicht am 11. November 1976 im Opferstock entsorgen (S. 528). Es muß 1977 heißen. |
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Links |
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Rosendorfer ist Mitglied bei ![]() |
Literatur |
Bibliographie über
Herbert Rosendorfer |
Josef Blöchl: "Musik bei Rosendorfer". Versuch einer Bibliographie. München 2005 (Privatdruck) |
Heinz Beier: Bayerische Literatur in
Beispielen. München: Bayerischer Schulbuch-Verlag, 1983. 488
S.; S. 442-446. Max Leonhard: "Herbert Rosendorfers »Deutsche Suite«". In: Albrecht Weber, Hg.: Handbuch der Literatur in Bayern. Vom Frühmittelalter bis zur Gegenwart. Regensburg: Pustet, 1987. S. 623-633. |
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